Die Iden des Maerz by Thornton Wilder
Autor:Thornton Wilder [Wilder, Thornton]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
XXXIV Cleopatra an Caesar: Brief und Fragebogen.
[9. Oktober]
Mein Didja, Didja, Didja! — Krokodidja ist sehr unglücklich-glücklich, sehr glücklich-unglücklich. Glücklich, weil sie ihren Didja in der Nacht des Zwölften wiedersehn soll, die ganze Nacht des Zwölften, und unglücklich, weil die Nacht des Zwölften tausend Jahre weit weg ist. Wenn ich nicht mit meinem Didja beisammen bin, sitze ich und weine. Ich reiße mein Kleid in Stücke, ich frage mich, warum ich hier bin, warum ich nicht in Ägypten bin, was ich hier in Rom zu suchen habe. Jeder Mensch haßt mich; jeder Mensch schickt mir schöne Briefe und wünscht, daß ich tot wäre. Kann mein Didja nicht vor dem Zwölften kommen? Ach, Didja, das Leben ist kurz, die Liebe ist kurz; warum können wir einander nicht sehn? Den ganzen Tag und die ganze Nacht sehn andre Leute meinen Didja. Lieben sie ihn mehr als ich? Liebt er sie mehr, als er mich liebt? Nein, nein, es gibt nichts auf der ganzen Welt, was ich mehr liebe als meinen Didja, meinen Didja in meinen Armen, meinen Didja, wenn er glücklich ist, glücklich, glücklich in meinen Armen. Trennung ist etwas Grausames, Trennung ist Vergeudung, Trennung ist sinnlos.
Aber wenn mein Didja es so will, weine ich; ich verstehe es nicht, aber ich weine und warte auf den Zwölften. Nur muß ich Dir jeden Tag einen Brief schreiben. Und, Didja, o mein Didja, schreib auch Du mir jeden Tag einen Brief! Ich kann nicht schlafen, wenn die Nacht gekommen ist nach einem Tag, an dem ich keinen wirklichen Brief von Dir erhalten habe. Jeden Tag kommen Geschenke von Dir mit fünf Worten dazu. Ich küsse sie; ich halte sie lange an mich gedrückt; aber wenn kein wirklicher Brief bei den Geschenken ist, kann ich sie nicht lieben. Ich muß jeden Tag einen Brief schreiben, um meinem Didja zu sagen, daß ich nur ihn liebe und nur an ihn denke. Aber es gibt auch andres, lästige kleine Dinge, die ich ihn fragen muß, Dinge, die ich wissen muß, damit ich ein würdiger Gast bin, würdig seines Schutzes. Verzeih Deiner Krokodidja diese kleinen lästigen Fragen, i. Bei meiner Abendgesellschaft, bei dem Empfang, den ich gebe, da gehe ich bis zur untersten Stufe meines Throns hinunter, um die Frau meines Didja zu begrüßen. Gehe ich auch bis zur untersten Stufe hinunter, um die Tante meines Didja zu begrüßen? Was habe ich zu tun bei der Begrüßung der Consuln und ihrer Frauen?
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